Deutsche Kolonialgeschichte und Straßennamen in München
  Über eine Reihe von Straßenbezeichnungen konnte nicht mehr in Erfahrung gebracht werden als in der offiziellen Liste angegeben. Diese finden sich dann hier nicht mehr wieder. Schwerpunkt bilden die nach Personen benannten Straßen.

I. Deutsch-Südwestafrika
II. Deutsch-Ostafrika
III. Kamerun
IV. Togo, China, Samoa und Neuguinea

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II. Deutsch-Ostafrika


Hermann von Wißmann – ein harmloser Afrikaforscher?
(Wißmanstraße)

Die Begründung für die Benennung einer Straße nach Hermann von Wißmann lautet noch heute: "Afrikaforscher und Fachschriftsteller, durchquerte zweimal Mittelafrika und erwarb für Deutschland die ehemalige Kolonie Deutsch-Ostafrika". Bei genauerem Hinsehen stellt sich aber heraus, daß Hermann von Wißmann zwar einige Expeditionen durch Afrika unternommen hat, einen Namen hat er sich allerdings mit anderen Aktivitäten gemacht. Major von Wißmann war von Februar 1888 bis Februar 1891 Reichskommissar und Leiter der Schutztruppe sowie1895/1896 Gouverneur der Kolonie Deutsch-Ostafrika.





Seinen "Posten erhielt von Wißmann 1888 aber nicht für seine Forschungstaten, sondern um den gerade losbrechenden Aufstand der Jahre 1888 und 1889 niederzuschlagen. Zu diesem Zweck stellt Wißmann eine Söldnertruppe zusammen.
Am 30. Januar 1889 bewilligte der Reichstag zwei Millionen Reichsmark für die tausend Mann starke Söldnertrupe Hermann von Wissmanns. "In einem beispiellosen Terrorfeldzug schlug er den Aufstand nieder." (Jürgen Herzog, Geschichte Tansanias, S. 44ff) "Nur mit Schrecken und Grauen sprechen in Ostafrika die Einwohner der teils niedergebrannten, teils zerschossenen Städte von den Deutschen", schreibt ein Matrose des Kreuzers "Leipzig" nach der Landung in einem Brief nach Hause. " (Herzog, S. 44) "Wißmanns Invasionstruppe, von Kriegsschiffen und deren Marineabteilungen unterstützt, war den Freiheitskämpfern nicht nur militärisch weit überlegen – vor allem in der Bewaffnung mit Geschützen, neuen Mehrlader- und Maschinengewehren -, sondern auch in der Brutalität der Kriegführung." (Herzog, S. 44)
So wurden die Städte, in denen sich Aufständische und ihre Familien verschanzt hatten von den Kanonenbooten aus beschossen, zerstört oder in Brand geschossen. Noch lange nach der Niederschlagung des Aufstandes führte diese Truppe "Säuberungsaktionen" und "Bestrafungsaktionen" durch. So leitete Wißmann im Februar 1891 eine Strafexpedition gegen den Häuptling Sina von Kibosho, als dieser es wagte die Deutsche Flagge vom Mast zu reißen. Die Strafexpedition kostete 200 Verteidigern das Leben.
"Mehr und mehr konnten die Gouverneure (wie)...
Hermann von Wißmann (1895 – 1896) ...zur militärisch-diktatorischen Methode kolonialstaatlicher Machtausübung übergehen. Die "Kaiserliche Schutztruppe" war zu einem starken militärischen Instrument ausgebaut worden. Die Mannschaften (wurden) geführt von einem Offizierskorps, das eine
Brutstätte von Kolonialchauvins und nationalistischen, antidemokratischen Frondeuren bildete. Mit Mord und Terror versuchten sie, die deutsche Herrschaft bis in die entferntesten Gebiete auszudehnen." (Herzog, S. 48)

Karl von Gravenreuth
(von Gravenreuth-Straße
)

Im Krieg gegen den sog. Araberaufstand von 1888/89 in Deutsch-Ostafrika treffen wir auch zum erstenmal auf den Freiherren Karl von Gravenreuth. (von-Gravenreuth-Straße). Gravenreuth war seit 1879 Offizier in der bayerischen Armee. Seit 1885 war von Gravenreuth in Ostafrika unterwegs, nahm an der sog. "Expedition" von Dr. Carl Peters teil. (Hinweis: die Carl-Peters-Straße, benannt nach einem selbstgefälligen Abenteurer, der in Ostafrika auf dubiose Art und Weise Landverträge abgeschlossen hat und damals von der Sozialdemokratie im Reichstag wegen seiner Grausamkeiten nur als "Hänge-Peters" bezeichnet wurde, wurde bereits vor zwei Jahren auf Grund einer Privatinitiative umbenannt.)
Nach Gründung der Söldnerschutztruppe unter von Wissmann trat von Gravenreuth als Kompaniechef in diese ein. Lassen wir an dieser Stelle eine Homepage der Ewiggestrigen, die die "Heldentaten" der Kolonialherren noch immer verherrlichen wollen sprechen: "Ohne sich einen Augenblick zu besinnen, warf sich Gravenreuth mit seiner Kompanie, etwa 80 Gewehre stark, auf den hundertfach überlegenen Feind. Alle Versuche der Wilden, die deutsche Front zu durchstoßen, scheiterten an dem wohlgezielten Feuer der Hinterlader. Beständig im dichten Feuer stehend setzte der deutsche Führer alles an einen vollen Erfolg und gewann. In verschreckten Haufen rannten die Raubscharen davon. Dem heiß erstrittenen Sieg wurde durch tatkräftige Verfolgung Nachdruck verliehen. Auf ihrer haltlosen Flucht liefen die Rebellen nun der anderen Kolonne in die Arme. Das Entsetzen unter den Mafitis war so groß, daß sie einen von Krokodilen wimmelnden Fluß durchschwammen, um den mörderischen Waffen des bayerischen Freiherren zu entkommen. Nur wenige entrannen der Vergeltung....während Wißmann einen Vorstoß unternahm, der Mlembule zum Ziel hatte, durchstreifte Gravenreuth das Land zur Züchtigung von Unbotmäßigkeit und Verletzung deutscher Interessen, die sich immer wieder einstellten."
(www.jaduland.de/Kolonien/afrika/tanzania/text/simba.html)

Bereits vor Niederschlagung des sog. "Araberaufstandes" kam es im Deutschen Reichstag zu erbitterten Auseinandersetzungen über die brutalen Ausbeutungsmethoden der "Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft", die die Einheimischen schließlich in den Aufstand trieb.

Eine zweite Rebellion gegen die Kolonialherren, der Maji-Maji-Aufstand von 1905/07 erfasste große Teile des heutigen Tansanias und hinterließ unvorstellbares Elend. Durch Kämpfe und aus dem Krieg resultierende Hungersnöte kamen an die 250.000 –300.000 Menschen ums Leben (davon 15 Europäer). Er gilt als "schlimmstes Ereignis in der kolonialen Geschichte Ostafrikas" (Ingrid Laurien: Berichte afrikanischer Zeitzeugen über den Maji Maji-Aufstand in Deutsch-Ostafrika in: Peter Heine/Ulrich van der Heyden (Hg.): Studien zur Geschichte des deutschen Kolonialismus in Afrika, Pfaffenweiler 1995).
Die in Trudering durch eine Straße geehrten Askari-Krieger (Askaristraße) waren besonders gefürchtet: "... the askaris were feared like gods everywhre they went. They beat people by the slightest offense, sometimes one received 25 stroke for no reason at all." (ebd.)


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Siegfried Benker | siegfried.benker@muenchen.de